Trauerfeier um Henner Kotte
Trauerfeier um Henner Kotte

Steckbrief

Name: Kotte
Vorname: Henner
Geburtstag: 17. August 1963
Verstorben: 6. Dezember 2024
Größe: 186 cm
Augenfarbe: blau
Beruf: Autor, Stadtführer, Moderator, Theaterkritiker
Hobby: Krimis lesen und schreiben, Kinderstadtführungen, Lesungen

Am Samstag, dem 29. März 2025 werden im Rahmen der Buchmesse 2025 die drei Neuerscheinungen von Henner Kotte in der Buchhandlung Hugendubel, Petersstraße 12–14 in der Zeit von 14.30 bis 15.00 Uhr vorgestellt.

Katrin Hart ist als Mitglied der academixer in Leipzig bekannt.
In den letzten Jahren trat sie regelmäßig zusammen mit Henner Kotte auf.
Anläßlich des Erscheines von Kottes „Chemnitzer Köpfen“ (3 Bde.) erinnert sie sich zusammen mit Verleger Dr. Ralf C. Müller an den viel zu früh verstorbenen Autor und Begründer dieser Reihe der Leipziger Verlage bzw. sächsischen Büchermenschen.

Reihe „Sächsische Büchermenschen stellen sich vor“

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CHEMNITZER KÖPFE

Neues von Henner Kotte für eine Kulturhauptstadt bei
kulturexpresso.de

KulturhauptstadtFoto: Marianne H.-Stars

 

Tage der offenen Tür

Liebe Trauergemeinde!

Es ist schon etwas Zeit vergangen, in der sich die Emotionen normalisieren können, der Kopf freier wird und das Tagwerk wieder Raum beansprucht. 
Viele Themen sind noch offen und müssen noch geklärt werden (z.B. ist immer noch kein Erbschein ausgestellt). Viele Aufgaben hat meine liebe Frau aber auch schon erledigt, mit viel tatkräftiger Hilfe von vielen Freunden. Auch hier noch einmal ein großes Dankschön dafür.

Henners Wohnung ist hergerichtet und die angekündigten „Tage der Offenen Tür“ sind terminiert:
Am 30.03. und am 05.04. jeweils von 10:00 bis 14:00 Uhr wird jemand da sein.

Es würde uns gefallen, wenn so viele interessierte Bücherfreunde wie möglich so viele Bücher wie möglich mitnähmen.
Henner hat viele Raritäten aus vielen Genres und vielen Epochen gesammelt. Ich bin mir sicher, dass er sich über jeden freuen würde, der einem Buch ein neues Zuhause gibt.

In diesem Sinne viele Grüße aus Dresden und bei Fragen, Wünschen, Ergänzungen bitte einfach an diese Mail antworten!

Gerolf und Familie

P.S. Es sei auch noch mal der Hinweis gestattet: Die Bücher sind nicht zum Verkaufen sondern zum Verschenken gedacht. Es müssen da keinerlei kommerzielle Interessen beachtet werden.

Vielen Dank für diesen Abschied!

Liebe Trauergemeinde,
Henners Beisetzung ist vorüber und ja, sie hätte ihm gefallen.

Es war wirklich bewegend, wie viele Weggefährten aus wie vielen Regionen und mit wie vielen unterschiedlichen Kontexten gekommen sind. Sowohl auf den Leipziger Südfriedhof als auch in den Academixerkeller. Wir haben uns über so viel Anteilnahme sehr gefreut.

Natürlich war nicht genügend Zeit, sich mit jedem in der gebührenden Dauer zu unterhalten. Ich denke wir holen das bilateral nach.
Dank an die Organisatoren und Künstler, das war grandios und in Henners Sinne. Die Idee der Interaktion und das Gedenken anhand von Anekdoten hat wunderbar funktioniert.
Auf jeden Fall gibt es noch eine Menge Geschichten, die erzählt werden wollen.
Wir sollten darüber nachdenken, es in ähnlicher Form zu gegebener Zeit zu wiederholen.
(Der Gedanke ist nicht nur mir am Dienstagabend gekommen.)

Sehr schön auch, wie viele Bücher am Abend interessierte Besitzer gefunden haben. Henner wäre stolz über den Absatz gewesen. Es waren auch Raritäten dabei, vielleicht finden wir noch weitere Exemplare für Interessenten.

Auch die Spendenbox ist gut gefüllt, ich werde über die Verwendung über diesen Mail-Verteiler informieren.

Nach diesem großen Meilenstein geht es nun weiter mit Henners riesiger Bibliothek. Danke für die vielen Hilfsangebote, wir werden jetzt organisieren, dass möglichst viele der Bücher in gute Hände kommen. 

Wir wissen, dass noch eine Weile kein normaler Alltag bei uns einziehen wird, aber wir schauen voller Zuversicht auf die nächsten Wochen.

Liebe Grüße und sicherlich bis ganz bald!

Gerolf und Familie

P.S.: Diese E-Mail-Adresse gern verteilen, wenn jemand noch in die Verteilerliste aufgenommen (oder entfernt) werden will, bitte einfach melden.

P.P.S.: Ich weiß, es ist mehreren aufgefallen: Das Datum auf Henners Grabtafel ist nicht korrekt, er ist am 06.12. gestorben. Ich werde den Bestatter fragen, ob und wenn ja wie das zu ändern ist. 

Bewegende Worte anlässlich der Trauerfeier von Henner von Axel Thielmann

Liebe Familie, liebe Freunde, liebe Kollegen,

die ihr hierhergekommen seid, um Abschied zu nehmen.
Ich glaube, wohl keiner von uns, die wir in seinem Alter oder älter sind, hätte gedacht, an einer Trauerfeier für Henner Kotte teilnehmen zu müssen.

Er hatte dem Tod schließlich schon einmal ins Auge geblickt, hatte gekämpft und gewonnen. Die Einschränkungen, die mit diesem Sieg einhergingen, ertrug er klaglos.

Nie hatte man die Vorstellung, sie würden sein Leben bestimmen und erst recht nicht, ihn vom Leben abhalten.
Ja, man hatte den Eindruck, er habe sogar die Angst vor dem Tod überwunden.
Wer von uns kann das schon von sich behaupten.

Mit Fröhlichkeit machten wir zusammen Lesungen in einem Beerdigungsinstitut, mit Verve und Textsicherheit sang er Lieder mit, wie Kreislers „Der Tod, das muss ein Wiener sein“, oder „Grüß Gott, ich bin der Tod, vorbei ist deine Not“.
Erinnert ihr euch?

Er führte Reisegruppen auf diesem Friedhof herum, auf dem wir ihn heute zu Grabe tragen. 
Und als Krimischriftseller kannte er sich aus mit Mord und Totschlag und berichtete darüber mit großem Vergnügen und viel Humor.

Kurz, der Tod, jedenfalls der eigene, war so weit weg von ihm, wie bei einem Menschen, der 30 Jahre jünger ist, im Vollbesitz seiner physischen Kräfte und in der Hochphase der Pflichterfüllung.

Gerade Letzteres – so betonte er immer wieder – habe er dank des besiegten Krebses überwunden. „Ich mache nur noch, was mir gefällt“, so sein immer wieder gern abgegebenes Statement.

Nun gefiel ihm zwar vielerlei, aber die überwundene Krankheit half ihm, die Spreu vom Weizen zu trennen und sich noch mehr auf das zu konzentrieren, was seine wirkliche Profession war: das Erzählen von Geschichten.

Henner war Geschichtenerzähler. Darin war er nicht zu überbieten. Er holte sie aus seinem schier unbegrenzten Gedächtnis. Manchmal schrieb er sie in Bücher, oder wollte es tun, nachdem er sie am Stammtisch oder in der Herrenrunde zum Besten gegeben hatte. Immer hatten sie ein Anfang und ein Ende, und immer hatte es einen Sinn, warum er sie gerade jetzt erzählte.

Henner war ein wandelndes Lexikon des sekundären Wissens, der Geschichten neben der Geschichte. Auf Knopfdruck sprudelten diese Geschichten aus ihm heraus, und er hatte auch die Stimme dazu, sich jene Aufmerksamkeit zu verschaffen, die seinem außerordentlichen Talent zustand.

Sein großes Verständnis für Literatur und Sprache ließ ihn auch Talente erkennen, wenn sie ihm begegneten. Er bestärkte und inspirierte sie, gab ihnen jene Anerkennung, die ein Künstler braucht, und die ihm auch selbst viel bedeutete.

Die Jahre nach dem Sieg über seine Krebs-Erkrankung waren seine produktivsten. Es erschien ein Buch nach dem anderen, er hatte einen mit Lesungen reich gefüllten Terminkalender, und als Stadtführer war er mehr als gut gebucht.

Jeden Tag war er zu Fuß in seiner Stadt unterwegs, die ihm, dem am 17.8.1963 in Wolgast geborenen Dresdner so sehr Heimat geworden war. Das merkte man auch daran, dass er über vieles schimpfen konnte, was Leipzig eben leider auch ausmacht.

Wenn man älter wird, verschwindet ein Alleinstellungsmerkmal nach dem anderen. Darüber haben wir oft gesprochen und noch öfter geklagt.

Nun ist auch Leipzig um ein Alleinstellungsmerkmal ärmer.

Es heißt Henner Kotte, und wir trauern um ihn. Gott sei Dank hat er Spuren hinterlassen. Viele seiner Bücher werden neue Auflagen erleben.

Wir können sie in die Hand nehmen und den Freund, den Bruder, den Geistesverwandten in ihnen finden.

Solltet ihr gleich heute damit anfangen wollen, seid ihr um 18.00 Uhr herzlich in den Academixer-Keller eingeladen. Dann hätte Henner laut Veranstaltungsplan mit Katrin Hart Geschichten erzählen sollen. Nun müssen Gunther Böhnke, Thomas Feist, Tilo Augsten und Carolin Masur und ich ihn bei Kati vertreten. Und glaubt mir, so gern wir dies als Freundschaftsdienst für ihn tun, es ist doch keine leichte Aufgabe.

Ich sagte es vorhin schon, Henner kannte viele und arbeitete mit zahlreichen Menschen. Ihr erinnert euch vielleicht an seinen 60. Geburtstag, da war der Biergarten im „Gambrinus“ voll.

Und Henner, der ein bisschen zu spät kam, weil er davor noch eine Stadtführung hatte, war glücklich über jeden, der seiner Einladung gefolgt war, aber auch ein bisschen überrascht, wegen der vielen Leute. So viele Menschen, unterschiedlichster Profession saßen da zusammen an langen Tischen, aßen, tranken, quatschten, Musik gab es auch.

Henner war ein „Networker“, obwohl er sich über das Wort lustig gemacht hätte.

Der lebende Beweis ist auch die große Anteilnahme an seinem Tod, die so viele Menschen dazu gebracht hat, heute in diese Kapelle zu gekommen. Unsere Aufmerksamkeit, für die er sehr dankbar war, hat er immer gehabt.

Physisch ist er nicht mehr da, aber aus dem Kopf wird er uns so schnell nicht gehen.

Brecht hat einmal gesagt: „Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.“

Und Ernest Hemingway: „Nur wenige Menschen sind wirklich lebendig. Und die, die es sind, sterben nie.

Es zählt nicht, dass sie nicht mehr da sind. Niemand, den man wirklich liebt, ist jemals tot.“

Mich tröstet ein solcher Gedanke, und ich hätte mich gern noch mit Henner darüber ausgetauscht.

Nun geht das nicht mehr. 

Nachruf von Dr. Ralf C. Müller

Tauchaer Verlag, Leipzig

Henner Kotte

Ach Mensch, Henner!

Vor einer Woche saßen wir noch beisammen, haben uns über Vergangenes und Zukünftiges unterhalten. Du hast geschwärmt von Deinem neuen „Literaturlaub“, den Auftritten bei den „Akademixern“, von den Stadtführungen sowieso. Wir haben über neue Bücher nachgedacht, über „Morde, die Geschichten schrieben“ in Berlin-Brandenburg und Sachsen-Anhalt, über die weiteren Skandal- und Kriminalstadtführer für Leipzig. Und wir haben uns verabredet für das neue Jahr, am 8. Januar sollte es sein. Dann bin ich losgezogen, um noch einige Fotos für Dein neues Buch zu machen …

Du warst ein Hans-Dampf-in-allen-Gassen, zumal in Leipzig, aber auch anderswo, in Sachsen vor allem. Du hast vor Ideen gesprüht, warst Anreger, aber eben auch „Macher“ (jetzt verziehste das Gesicht!). Was Du Dir in den Kopf gesetzt hattest, das wurde auch – durch Dein Tun. Kinder und Jugendliche waren Dir wichtig – bei Deinen Lesungen an Schulen, den Stadtführungen –, Freunde – alte und neu gewonnene. Du hast verbunden und zuweilen polarisiert, denn zu diesem Leben gehört Haltung, die selten wohlfeil und mitunter schmerzlich ist. Sicher, Du konntest auch anstrengend sein. Aber das warst eben Du. Und recht eigentlich warst Du eine treue Seele.

Und nu? Biste weg! Und nich mal eben so, sondern für immer! Weg sind die Ideen, die uns beflügelten, weg diese unendlich vielen Geschichten, die nur in Deinem Kopf waren, die sich immer weiterspannen – immer weiter, immer höher – und die alle noch aufgeschrieben werden wollten …

Ach Mensch, Henner!

Maximilian Bertram

Hoteldirektor Book Hotel Leipzig

Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer haben wir vom plötzlichen Tod von Henner Kotte erfahren. Als Autor, Stadtführer, Moderator und Theaterkritiker war er nicht nur ein vielseitiger Künstler, sondern auch ein geschätzter Partner und Freund. Gemeinsam haben wir vieles geplant und realisiert – Lesungen, Stadtführungen für unsere Hotelgäste, einen gemeinsamen Podcast und sogar Auftritte als Weihnachtsmann, die auch in nächster Zeit vorgesehen waren.

Die Nachricht erreicht uns mitten in der Zusammenarbeit und macht uns sprachlos. Noch vor wenigen Wochen durften wir eine seiner unvergesslichen Gose-Lesungen in unserem Haus erleben.

Sein Verlust hinterlässt eine schmerzliche Lücke – nicht nur in unserem Team, sondern in der gesamten Kulturlandschaft. Henner Kotte war ein Mensch voller Humor, Leidenschaft und Hingabe, der seine Begeisterung für Kunst und Kultur mit allen teilte. Er wird uns als kreativer Kopf und warmherziger Mensch sehr fehlen.

Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Familie, seinen Freunden und allen, die ihm nahe standen. In Gedanken sind wir bei ihnen.

Im Namen des gesamten Teams möchten wir sagen:
Danke, Henner, für alles, was du uns gegeben hast – beruflich und persönlich.

In Trauer,
Maximilian Bertram, Hoteldirektor
Leon – „der Designer“ – und das gesamte Team des Book Hotel Leipzig

Gedanken zum Tod von Henner

von Peter Hinke c/o. Connewitzer Verlagsbuchhandlung Peter Hinke e.K. aus dem "Literaturkurier" vom 12.12.2024

In der letzten Woche verstarb mit dem Leipziger Autor und Stadtführer Henner Kotte überraschend eine wichtige Persönlichkeit der Stadt, derer wir hier gedenken wollen. Henner Kotte war ein gemütliches und umtriebiges Original.
Wir liebten es, wenn er wieder einmal mit einer Reisegruppe in der Specks-Hof-Passage vorm Café Kandler stand und das alte Rezept der Leipziger Lerchen kundtat. Spätestens wenn er voller Wonne sein "und man hackt ihnen den Kopf ab!" herausschrie, erschreckten sich alle zu Tode. Was für ein Spaß!
Kein Wunder, denn sein Lieblingmetier waren Kriminalfälle, möglichst Fälle mit authentischem und lokalem Hintergrund, die er auch gern in seinen Büchern verarbeitete.
Er wird in der Stadt fehlen.

Michael Ernst

Tierpfleger im Leipziger ZOO

Henner Kotte

Dieses Leuchten. In den Augen. Immer wenn er was erzählte, auch wenn man keine Zeit hatte zuzuhören, man hörte dann einfach zu. Die schrullige Liebe zum frühen und kriminellen Karl May, die tiefempfundene zu den Klassikern, die professionelle zu Randthemen wie Gose, Zoo, Hotelbetrieben und die fanatische zu Kriminalliteratur jedweder Couleur wurde nur übertroffen von der für einen Dresdner nicht gerade naheliegenden Liebe zu Leipzig.

Es ist dunkler geworden in der Stadt.
Henner Kotte leuchtet hier nicht mehr.

Henner Kotte - kein Nachruf.

Ein kleiner Brief an einen Freund

Gestern erreichte mich die Nachricht, dass mein lieber Freund und Kollege Henner Kotte gestorben ist. Ich bin immer noch fassungslos und kann es kaum glauben. Von ihm in der Vergangenheit zu sprechen schnürt mir den Hals zu. Darum mache ich das nicht.

Lieber Henner,

was machst du denn für Sachen? Was muss ich denn da von dir hören? Zugegeben, dein Abgang hatte wirklich Stil. Ich glaube, wenn du dir dein Ende hättest schreiben können, wäre es genau die Geschichte geworden, die sich tatsächlich abgespielt hat. Aber trotzdem...das hätte ruhig noch eine ganz lange Weile warten können. Henner, du wirst uns alles schmerzlich fehlen, tust es schon jetzt. Wie soll denn Leipzig ohne einen seiner besten Gästeführer auskommen? Wer soll denn jetzt diese einmaligen Krimi-Rundgänge machen? Das hast du wirklich nicht bis zum Schluss durchdacht, mein Freund.

Im Ernst: ich wollte noch viele Abende mit dir im StuK (Leipziger Studentenkeller e.V.) sitzen, Bier trinken, über die Arbeit und das Leben reden, über Literatur und Politik. Du hinterlässt ganz viele Kollegen und Freunde, die dich sehr geliebt haben und dich endlos vermissen, schon jetzt. Ich denke an deine dreckige Lache, an deinen derben Humor, an die verbrannte Erde, die du überall hinterlassen hast, wo Unrecht drohte. Ich denke an deine Lügengeschichten und deine wahren Geschichten. Ich denke daran, wie dir vor allem die Rundgänge mit Kindern Halt gegeben haben in der schweren Krebs-Zeit. Ich denke daran, wie glasig dein Blick nach dem dritten Bier wurde und wie du trotzdem von deiner Nüchternheit überzeugt sein konntest. Ich denke an den legendären Pullover, dessen Spitznamen ich nicht öffentlich wiedergeben kann. Ich denke an die Stadtführung im Sitzen und überhaupt an dich und Conny, wie ein altes Ehepaar. Ich denke an deine Begeisterung und deine Weigerung, das Leben mit Schwermut zu tragen.

Man sagt immer, dass man erst weiß, was man hatte, wenn man es verliert. Ich wusste immer, was wir an dir hatten, aber ich merke einmal mehr, dass ich zu vieles auf ein Irgendwann verschoben habe, das nun leider nicht kommen kann. Du wolltest mir noch so viel beibringen. Wir wollten noch ein Projekt für die Erstis im StuK (Leipziger Studentenkeller e.V.) machen. Wir wollten noch zusammen einen schönen Rundgang konzipieren.

Ich habe dich sehr lieb. Und auch wenn es sehr viele Menschen gibt, die dir sehr viel näher standen als ich, geht auch mir ein lieber Freund und Mentor verloren. Es bleibt eine Lücke, um die wir nun alle herum leben müssen und werden. Aber es ist eine Lücke, die niemals gefüllt werden wird.

Die LVZ schrieb, dass dir hängende Köpfe nicht gefallen hätten. Das stimmt. Aber ob dir das nun gefällt oder nicht: einige hängende Köpfe und auch viele Tränen ob dieses Verlustes wirst du nun ertragen müssen. Wir trauern. Und wir werden immer an dich denken. Und dabei werden wir traurig sein und froh. Und ganz viel lachen - versprochen.

Maria Weber und das Team von "Leipzig mal Anders"

Wir verabschieden uns von Henner Kotte.

Die Mitarbeiter vom Capa-Haus

Vor einem Jahr stellte er gemeinsam mit Axel Thielmann bei uns im Capa-Haus Autoren, ihre Texte und Verlage vor, die von den Nationalsozialisten verdrängt, verfolgt, verbrannt und schließlich vergessen wurden. Der vielseitige Schriftsteller, Stadtführer und Chronist verstarb am 6. Dezember mit 61 Jahren.
Er wird fehlen.

Henner. Erinnerungen

Bettine Reichelt

Er kannte sie alle, die alten und jungen, die dusseligen und die spannenden. Und er hatte die meisten auch tatsächlich gelesen. Das unterschied den Autor Henner Kotte von so manchem Jung-Autor heute. Er kannte die Literatur und er liebte sie. Man konnte mit ihm über die unterschiedlichen Darstellungen des Poirot ebenso reden wie über die – für ihre Zeit – mutigen Darstellungen der Frau bei der Thüringer Autorin Marlitt. Von Krimi bis Hochromantik alle dabei. Und wehe, einer ging respektlos mit dem Hinrichtungsplatz des historischen Woyzeck um! Da wurde er deutlich und forderte energisch Respekt ein. Das war nicht eben etwas für zarte Seelen. Henner Kotte benannte das, was er für falsch hielt, stritt sich erbittert – und fühlte sich, so sagte er mir einmal, in diesen Momenten herrlich lebendig. Manche Bekanntschaft ist daran zerbrochen. Manche hat aber gerade aus dieser gradlinigen Ehrlichkeit ihren besonderen Wert entwickelt. Doof war doof und gut war gut. Und das hat er gesagt. Genau so. Klar.

So intensiv wie er stritt, so tief war seine Loyalität zu denen, mit denen er gut konnte. Für die trat er ein, stellte Vernetzungen her, schrieb Rezensionen. Darauf konnte man sich verlassen. Auch ich habe mich darauf verlassen – und bin nie enttäuscht worden.

Mit dem Beginn seiner eigenen schweren Erkrankung erhielt neben dem Streitbaren eine andere Seite in ihm Raum. Er, der sich in Archive vergraben und in Recherchen verbeißen konnte, ein Bär von einem Mann, wurde plötzlich mit dem Schmerz und der Schwäche konfrontiert. Und wie es ihm entsprach: intensiv und brutal. Und er entschied sich für das Leben. Jammern war nicht seine Sache. Das Leben auskosten und verkosten in allen Versionen, das reizte ihn. Das hat er gelebt – auch in der Einschränkung und mit nur noch wenig Lungenvolumen.

Diese Seite, die Kraft gewann, hat auch uns verbunden. Als ich selbst vor einer schwierigen Diagnose stand, schrieb er mir: „Du musst jetzt da durch. Daran geht nichts vorbei. Aber ich halte deine Hand.“ Es war das richtige Wort zur richtigen Zeit. Zu diesen Worten hatte er den Mut. Das ist selten geworden. Wir sind nicht nur leidungewohnt, wir sind auch zumeist zu feige, die Worte zu sagen, die dran sind.

Eine solche Feigheit kannte Henner Kotte nicht. Was zu sagen war, musste gesagt werden. Das konnte – beispielsweise bei Schullesungen – durchaus zu Verwirrung und Irritation führen. Aber selbst die frechsten Schüler wurden brav, wenn er die Stimme erhob.

Der Tod hielt sich schon lange in der Nähe auf. Man hatte sich irgendwie daran gewöhnt. Nun ist er hervorgetreten und sagte: Komm. Zukunft? Kein Glaube an Gott oder Auferstehung. Und doch: Vielleicht eine Wiederkehr im Gänseblümchen sagte er einmal zu mir. Vielleicht.

Quelle: kippe-leipzig.de