Was man davon halten kann, dass Busenwunder Dolly Buster Krimis schreibt? Zunächst einmal gar nichts. Dolly Buster ist eine Marke, bekannt angeblich bei 98 Prozent der Deutschen. Irgendwer zahlt Geld an die Pornoqueen, damit er in Ihrem Namen für eine Telefonhotline werben darf. Andere zahlen, damit sie ihrem Sexshop den Namen Dolly Buster geben dürfen. Als Gegenleistung tingelt die Blondine mit den schwarzen Augenbrauen durch Talkshows, bringt, wenn das Geld stimmt, Schwung in jede Betriebsfeier, gibt Interviews. Sie produziert Sexfilme, singt, liebäugelt mit der Politik. Und immer steigt der Marktwert. Auch mit jedem Hochglanzpaperback.
Zwar kopuliert Dolly Buster längst nicht mehr vor der Kamera, aber das wäre auch nicht klug, denn nur als Geläuterte taugt sie für TV-Shows und Tratschseiten. Sie ist ein Produkt, Barbie nicht unähnlich, nur wesentlich lebendiger. Was können da schon Dolly-Buster-Bücher sein?
Doch halt, man darf es auch anders sehen. Dolly Buster, dieses Kunstprodukt mit Schoßhundfrisur, schlagfertigem Plappermaul, tschechischem Akzent und Jacken, die zu eng sind für den viel bewunderten Brustvorbau, ist professionelles Entertainment. Das ist wahrlich nicht wenig. Ihr Auftreten würde jedem von Leipzigs unzähligen Szene-Talks zur Ehre gereichen. Einer hat es tatsächlich geschafft, sie in die Show zu holen: Krimi-Talker Henner Kotte. Kein Wunder, dass die Veranstaltungstonne der Moritzbastei diesmal gut besucht ist. Kotte hat sich in Schale geschmissen, schwarzer Anzug, weiße Fliege.
Wohlerzogen überreicht er Blumen, es ist Frauentag. Überhaupt behandelt er seinen Gast wie einen Gast: Seine Fragen und Kommentare stützen, statt bloßzustellen. Außerdem handelt es sich, Tamtam, um eine Premiere: Dolly Busters erst öffentliche Lesung. Zustande gekommen nur, weil Kotte und die MB penetrant anfragten. Was ihr imponiert hat. Das Publikum erfährt sehr viel an diesem Abend. Über die Unprofessionalität der FDP, für die Dolly Buster Wahlkampf machen sollte, über die gähnende Langeweile im Showbiz- ihre Bücher entstehen zwischen Maske und Sendung, im Flieger oder Hotel- über die beiden Lektoren, die ihren Zeilen Schliff geben, über die kleine tschechische Partei, für die sie möglicherweise ins Europaparlament einzieht und über Sexratgeber, die so schlecht seien, dass demnächst wohl doch einer von Dolly Buster auf den Markt kommen wird.
Ein netter Abend.
Quelle: Leipziger Volkszeitung, 10. März 2004